Schneiderinnen gibt es viele. Aber nicht jede näht spanische Tanzmode. Bis heute entwirft die 71-Jährige farbenfrohe Tanzröcke, Kleider und Boleros. Ans Aufgeben ist nicht zu Denken. Ein Porträt über die Künstlerin der Flamencomode.

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Schneiderin Teodora Cambrón mit ihrer Tochter. Foto: Evelyn Steinbach

„Als ich klein war, habe ich immer davon geträumt, Kastagnetten, ein Flamencokleid und diese Absatzschuhe zu haben“, erzählt Teodora Cambrón, die in der Nähe von Córdoba aufgewachsen ist. Jetzt hat sie ganz viele davon. In ihrem kleinen Geschäft namens „Casa Flamenca“ unweit des Barbarossaplatzes bietet sie alles, was das Flamenco-Herz begehrt. Auf gerade mal 22 Quadratmetern stapeln sich Schuhkartons, Fächer, Kastagnetten und Hüte bis unter die Decke. Die Schränke sind gefüllt mit Tüchern, Haarspangen und Kunststoffblumen in sämtlichen Farben. Und auf den wenigen Kleiderstangen präsentiert die Schneiderin stolz ihre neuesten Kostüme: vom edlen Schleppenrock, über das festliche Rüschenkleid bis hin zur schlichten Trainingsmode. Die Andalusierin kann ihre Kunden von Kopf bis Fuß einkleiden. „Nur umschauen ist schwierig“, sagt sie. Die Kunden, die zu ihr in den Laden kommen, sollen schon ungefähr wissen, welche Farben sie mögen. Dann sucht sie ihnen die passenden Modestücke eigenhändig heraus.

 

Die Nähmaschine – das Kernstück des Ladens

Foto: Evelyn Steinbach

Teodora Cambrón importiert ihre Flamenco-Schuhe und Tanzutensilien aus Spanien, da kennt sie Markenhersteller wie Gallardo und Menkes, mit denen sie schon seit vielen Jahren zusammenarbeitet. Kleider und Röcke sowie manchmal auch Boleros oder eine Bluse für den Herrn entstehen in Köln. Fast täglich sitzt sie an ihrer alten Nähmaschine im Obergeschoss. „Sie begleitet mich schon mein ganzes Leben“, sagt Cambrón. Umgeben von unzähligen Stoffballen und Musterstücken kreiert sie hier ihre neuen Werke – ob als individuelle Maßanfertigung oder als Kollektion für ihren Laden.

Das Besondere am klassischen Flamenco-Rock ist die Weite, der Schnitt und der Stoff. Der Rock muss fließend fallen und gleichzeitig gut schwingen. Dazu sollte der Stoff möglichst leicht und angenehm zu tragen sein. Je nach Schnitt kommen Volants hinzu, die in die Stoffbahnen mit eingearbeitet werden. Bei der Auswahl an Formen und Farben sei heute fast alles möglich, berichtet Cambrón. Viele Flamencos bevorzugen aber immer noch das traditionelle Punktemuster sowie die klassischen Farben Rot und Schwarz.

Foto: Evelyn Steinbach

Ideen für neue Schnitte, Stoffe und Farbkombinationen erhält die Schneiderin aus dem spanischen Fernsehen. „Dort wird oft aktuelle Flamenco-Mode getragen.“ Oder sie schaut sich auf der Feria in Sevilla, einem großen Volksfest mit Flamenco-Modenschau, nach neuen Designs um. „Modern sind enge Röcke und Spitzenstoffe“, sagt Cambrón. „Aber nicht jeder kann das tragen. Vor allem nicht die Anfänger, die wollen doch zunächst einen einfachen Trainingsrock.“

 

Flamencomode aus Gefühl und Leidenschaft

Die Andalusierin hat sich das Schneidern von Flamenco-Mode selbst beigebracht. Sie meint, dass viele Leute zwar nähen können, aber nicht ein Flamenco-Kleid. „Dazu muss man das richtige Gefühl für die Zusammenstellung haben“, sagt sie. „Farbkombinationen und Maße lassen sich vielleicht in einem Schnittmuster abbilden, sowie wie die Mode von Carl Lagerfeld auch. Aber keiner schneidert genau so wie er.“ Früher wollten viele ihre Schnittmuster kaufen, erzählt sie. „Aber dann würden sie mir mein Talent nehmen. Herr Lagerfeld würde das doch auch nicht tun.“

Auf die Idee mit dem Flamenco-Laden in Köln kam sie Ende der 80er Jahre. Damals begann durch den Film „Carmen“ vom spanischen Regisseur Carlos Saura ein regelrechter Flamenco-Boom in Deutschland. Überall gründeten sich spanische Tanzgruppen und Vereine. „Nur es gab nirgendwo Flamenco-Ausstattung zu kaufen“, erinnert sich Cambrón. Da ihre Schwester bereits in Köln wohnte, bekam sie den Trend mit und nutzte die Gunst der Stunde, in einem ehemaligen Friseur-Salon eine kleine Casa Flamenca zu eröffnen. „Ich hatte ja sowieso schon eine Vorliebe zu Flamenco aus Andalusien und wusste, wo man Stoffe herbekam.“ Es dauerte nicht lange, dann nähte sie ihr erstes Bühnen-Outfit für eine Tanzgruppe. Das Foto der Gruppe präsentiert sie bis heute stolz in ihrem Laden.

 

 

 

 

 

 

 

Ihr aufwendigstes Stück war bislang das Brautkleid ihrer Tochter Teodora Palomar. „Keiner in Madrid hatte ein so schönes Kleid wie sie“, erzählt sie. „Alle haben es bewundert.“ Palomar hilft ihrer Mutter bei „allem Papierkram“, der anfällt, sowie beim Einkauf. Vor kurzen hat sie feine Tango- und Salsaschuhe eingeführt. „Wir wollen testen, wie das bei unseren Kunden ankommt.“ Seit drei Jahren leitet sie auch den neuen Online-Shop www.casaflamenca.de. „Ohne Verkauf über das Internet geht es heute nicht mehr“, erzählt sie. Schon 70 Prozent des Umsatzes laufen über das Onlinegeschäft. Im Gegensatz zu früher: „Da kamen die Leute noch aus ganz Deutschland zu uns nach Köln.“ Diese Zeiten sind leider vorbei. Doch die für Flamenco-Kostüme noch lange nicht. Teodora Cambrón will weiternähen, so lange es geht. Das ist ihr Leben.