Im Marienburger Bootshaus, umgeben von den Wogen des Rheins, liegt die Yachtschule Germania. Inhaber Norbert Röchter ist fast täglich hier. Unter Deck bereitet er seine Schüler auf die Führerscheinprüfung vor – für jede Art von Sportbooten, ob Segel oder Motor. Auch Lehrgänge für Seenotsignal, Navigation und Sprechfunk stehen auf dem Programm.

Sportbootlehrer Röchter
Norbert Röchter, Sportbootlehrer in Köln-Rodenkrichen Alle Fotos: Evelyn Steinbach

Hans Meiser war schon da sowie Tommy Engel und Jürgen Becker: Jeder hat bei Norbert Röchter das Boot fahren gelernt. „In den letzten 30 Jahren hatte ich etwa 10000 Leute hier“, erinnert sich Röchter. Darunter nicht nur Prominenz. Auch viele junge Leute, Frauen und Senioren begeistern sich für den Wassersport. „Das Gute ist, dass bei mir alle gleichbehandelt werden. Prominente werden hier nicht hofiert, wie sie es vielleicht von woanders gewohnt sind.“ Dies mag der Grund sein, warum so manche ehemalige Kursteilnehmer bis heute mit ihm befreundet sind. Stolz betont er: „Die vielen unterschiedlichen Menschen sind das Besondere an meinem Job und natürlich auch, dass ich mein Hobby zum Beruf gemacht habe.“

Vor seinem heutigen Job als Lehrgangsleiter für Bootsführerscheine, absolviert Norbert Röchter eine Ausbildung zum Werkzeugmacher und arbeitet bei Ford in der Kundendienstschulung. Um 1978 ein Boot in Holland zu chartern, entschließt er sich einen Führerschein zu machen. Eigentlich hätte er ihn gar nicht gebraucht, denn der Schein war damals noch keine Pflicht. „Da ich aber gerne Ahnung habe, von dem was ich tue, bin ich zur Yachtschule Germania gegangen“, die sich früher am Ubierring befand. Dort wurde sein Talent wohl schnell erkannt. Schon ein paar Monate später fragen sie ihn, ob er einen Lehrgang zum Praxisausbilder machen möchte – und er sagt zu. Im Jahr 1981 folgt das Angebot, die Schule zu kaufen. Der Wassersportfan zögert nicht lange und unterschreibt 1982 den Kaufvertrag. Seitdem leitet er als Ein-Mann-Unternehmen die Yachtschule Germania am Oberländer Ufer in Marienburg.

„Wasser ist so mein Ding“

„In den Anfangsjahren lief die Sportbootschule noch nebenbei“, erinnert sich Röchter. Bis es ihm zu viel wurde: 1986 kündigt er bei Ford und führt die Schule seitdem in Vollzeit – im wahrsten Sinne des Wortes. „Tagsüber arbeite ich und abends und am Wochenende verdiene ich Geld“, fasst er eine Woche in seinem Alltag zusammen. „Das bedeutet, dass ich vormittags zum Bootshändler gehe, Bankgeschäfte und alle weiteren Dinge erledige, die anfallen. Ab dem Nachmittag bin ich im Büro und abends gebe ich Unterricht.“ Den Montag versucht er sich frei zu halten oder zumindest nicht ins Bootshaus zu gehen. „Sonst wäre ich sieben Tage die Woche hier.“ Besonders beziehungsfreundlich ist der Job nicht, weiß Röchter. „Aber er macht unheimlich Spaß.“ Seine Frau besitzt selbst einige Scheine für die See. In ihren gemeinsamen Urlauben geht es immer noch gerne an Bord. Ob Segel- oder Motorboot, das hänge vom jeweiligen Revier ab. „Im Herbst chartere ich immer für eine Woche ein Boot im Ijsselmeer“, erzählt er. „Das hat genialen Freizeitwert: Man denkt schon am dritten Tag, man wäre bereits eine Woche in Urlaub – solange nicht das Handy klingelt oder der Laptop läuft.“ An freien Tagen übernimmt Röchter, der Mitglied des Captain´s Club of Germany ist, außerdem gerne Überführungen von Booten und Schiffen in ganz Europa.

Woher kommt die Leidenschaft fürs Boot? „Das liegt bei uns im Blut. Mein Vater war früher im Krieg auf einem U-Boot stationiert, mein Onkel stand in den 70er Jahren Kapitän auf dem großen Shelltanker. – Wasser war immer so mein Ding.“ Und begeistert auch viele Urlauber, die – inspiriert durch die Jachten am Gardasee und auf Mallorca – nach Hause zurückkehren und sich wünschen, das nächste Mal selbst ein Boot chartern zu können. „Jeder kann Sportboot und Segelboot fahren“, sagt Röchter. „Man muss es nur mit der notwendigen Ernsthaftigkeit betreiben.“

Wer bei Norbert Röchter in den Kurs kommt, sollte gut zuhören können. Komplizierte Schifffahrtsregeln erklärt er auf einfache Weise, öfters mit Anekdoten aus seinem eigenen Kapitänsleben gespickt. So merken sich die Prüflinge den Stoff viel besser, als wenn sie versuchen, das Lehrbuch auswendig zu lernen, meint er. „Ich schaffe es natürlich nicht, in einem Kurs aus jemanden einen Kapitän zu machen, aber zumindest einen Teil meiner Erfahrung auf dem Wasser weiterzugeben.“

Im theoretischen Teil werden unter anderem die zehn Knoten trainiert sowie Fahrregeln, Lichtzeichen, Wetterkunde und Auflagen für Natur- und Umweltschutz gezeigt. Die Teilnehmer studieren unter Deck des Bootshauses in einem Schulungsraum, an deren Seiten das Rheinwasser schwappend vorbeizieht. Plakate mit Schifffahrtsregeln schmücken die verkleideten Holzwände, die Tische sind liebevoll mit kleinen Leuchttürmen und Schiffchen dekoriert. Ausbilder Röchter schaltet den Projektor an und erklärt, was bei der Navigation zu beachten ist. Mit eigenen Zeichnungen, vielen Beispielen und in einer lockeren Unterhaltung mit der Gruppe.

Nach ein paar Theoriestunden beginnt die Praxis im Rheinauhafen. Hier ankert das Motorboot der Schule, auf dem die Kursteilnehmer das Ablegen, Anlegen, Fahren und Wenden erlernen. Mit den Seglern fährt er nach Roermond, eine gute Autostunde von Köln entfernt. „Dort liegt das größte Binnenrevier Europas mit tausenden Schiffen und vielen schönen Baggersehen“, erzählt er begeistert. Auch nach bestandener Prüfung lohnt wohl ein Abstecher dahin.

Für einen Bootsausflug ebenso geeignet ist der Rhein. Hier hat man viele Möglichkeiten zu ankern, zu baden und die Gegenden entlang des Flusses zu erkunden. Wer auf dem Rhein fährt, sollte die Strömung und den Berufsverkehr respektieren. „Man muss sich zu helfen wissen“, meint Röchter. „Denn im Gegensatz zum Auto kann ich hier nicht rechts heranfahren, wenn eine schwierige Situation eintritt.“ Seine Kursteilnehmer sollen früh genug verstehen, worauf es bei dem Hobby ankommt: um nötiges Wissen, den richtigen Sicherheitsaspekt und den erfahrenen Umgang mit Naturgewalten. „Mit dem Bootsführerschein erwirbt man sich zunächst nur die Berechtigung, üben zu dürfen. So muss man das sehen.“

Vor der Prüfung brauchen seine Führerscheinanwärter aber keine Angst zu haben. „Bis heute habe ich fast jeden durchgebracht, sogar mal einen Legastheniker, der nicht Schreiben und Lesen konnte. Der konnte die Prüfung dann mündlich ablegen.“

Info: www.bootsfuehrerscheine.de