Einfach einen Bleistift quer in den Mund stecken? Ist es wirklich so leicht, das Glück zu spüren? Das erste Treffen mit Mo Langendorff beginnt vielversprechend. Offenbar kommen im Lachyoga weder der Sonnengruß noch eine andere klassische Yoga-Übung auf der Matte vor. Beim Lachyoga ist der Weg zum Glücklichsein offenbar weniger anstrengend und wesentlich kürzer.

Es ist kurz vor 19 Uhr, einer nach dem anderen steigt die Treppen bis zum ersten Stock in der Severinstorburg empor, dem Montagstreff des Kölner Lachclubs. „Die meisten kommen jetzt von der Arbeit“, erklärt Mo, die im Wechsel mit drei anderen Lehrern an verschiedenen Orten zum Lachen einlädt.

Lachyoga in Köln

 

Willkommen ist jeder – egal ob jung, alt, Mann, Frau, alleine oder als Paar. Einige der Teilnehmer kennen sich bereits untereinander, andere sind um ersten Mal hier. Unter den Teilnehmer entfaltet sich nach ihrer Ankunft schnell eine positive Stimmung. Regelmäßig Kommende begrüßen die Neuen und umgekehrt – das ist auch gut, denn gleich stehen sie sich gegenüber und sollen miteinander kommunizieren – ohne Worte, einfach nur mit ihrem Lachen. Das erfordert Vertrauen.

 

Klingt im wahrsten Sinne des Wortes „komisch“, doch bei den ersten Auflockerungsübungen ist klar, was gemeint ist: Auf Ho-Ho, Ha-Ha werden abwechselnd Arme und Beine bewegt und die Hüfte gelockert. Jeder für sich, alle zusammen im Kreis. Es folgt die offizielle Yoga-Begrüßung mit „Namaste – ich freue mich, dass du da bist!“, die reih um einem jeden zugesprochen wird. Mo macht den Anfang, seit zwei Jahren unterrichtet sie hier in der Severinstorburg.

 

Die Lachyoga-Trainerin
Mo Langendorff

 

Lachyoga-Leiter halten viele Übungen bereit. „Erlaubt ist, was zum Lachen anregt“, sagt sie. „Das können kreative Dinge sein, es sollte aber simpel bleiben.“ Mo macht Klatschübungen und schwungvolle Bewegungen mit den Armen vor – mit einer soll man die Last des Alltags in einen imaginären Mülleimer werfen. Dabei wird gemeinsam laut und leise gelacht, mal kichernd oder stumpf, mal schrill oder voluminös – jeder wie er kann und an diesem Abend mag. Und immer wieder rufen sie: „Das war sehr gut. Sehr sehr gut! Ja!“ Springen ein wenig hoch und reißen die Arme in die Luft. Das stärkt den Optimismus – sowie das heutige Gemeinschaftsgefühl im Raum.

Ebenfalls zu den Übungen gehört, wie ein watschelnder Pinguin und ein aufrechter Hund mit wedelndem Schwanz herumzulaufen. Von außen betrachtet, erinnert es fast schon an ein kindliches Spiel. Doch statt über eine mögliche Scham nachzudenken, lachen die Teilnehmer von ganz von allein. Dem zugute kommt, dass man beim Lachen an nichts anderes Denken kann. „Eine nahezu befreiende Wirkung“, berichtet eine der Neuen im Club.

„Die Königsdisziplin ist das grundlose Lachen“, erzählt Mo und bittet, einen Stuhlkreis zu bilden. „Einfaches Lächeln ist erlaubt und auch lautstarkes Lachen, nur nicht Reden“. Gefühlte drei Minuten wird ohne jegliches Dazutun einfach drauflos gelacht, auch wenn das anfangs gekünstelt klingt. „Mit etwas Übung kommt das Lachen später von allein“, sagt Mo. Man muss also dabei bleiben.

Ebenfalls eine Herausforderung ist das stille Lachen. Das heißt: „Deine Augen lachen, deine Mundwinkel zeigen nach oben und deine Mimik verrät dein Lachen, ohne ein Wort zu sagen.“

Pantomime mit dem Gesicht sozusagen – für jeden Schauspieler wohl eine der leichtesten Übungen, für jeden anderen eine Herausforderung, die Konzentration voraussetzt – auf die eigene Körpersprache und vor allem auf die Botschaft an die im Kreis herumlaufenden Empfänger.

 

Lachyoga kommt aus Indien

Dass ausgiebiges Lachen keine neumodische Erfindung ist, zeigt ein Blick in die Geschichte. „Es gibt unzählige, alte Sprüche wie Lachen ist gesund oder Lachen ist die beste Medizin. Das hier etwas dran ist, haben wir immer gewusst, konnte aber erst vor etwa 20 Jahren wissenschaftlich festgestellt werden“, erzählt Mo. Es wurde bewiesen, das sich häufiges Lachen positiv auf unser Immunsystem auswirkt und Selbstheilungskräfte hervorruft, beispielsweise bei Menschen mit Bluthochdruck. Studien haben sogar gezeigt, dass die ausgeschütteten Endorphine und Dopamine – bekannt als Glückshormone – das Schmerzempfinden dämpfen können und Stresshormone abbauen. „Wenn man bedenkt, dass Kinder über 200 Mal am Tag lachen und Erwachsene nur etwa 20 Mal, reicht dies nicht, um genügend Endorphine auszuschütten oder irgendwelche Benefits zu bekommen“, erzählt Mo.

Lachyoga als solches erfand 1995 der indische Arzt und Yogalehrer Dr. Madan Kataria. Er kombinierte Atemübungen aus dem Yoga mit pantomimischen, teils dynamischen Auflockerungsübungen. Diese sollen langsam an das Lachen heranführen und einen freieren Zugang zu dem eigenen Lachen schaffen. Dabei werden nicht nur Gelassenheit und Kreativität gefördert, sondern auch eine lang anhaltende positive Grundstimmung, die man mit nach Hause nimmt. Die Idee fand viele Anhänger, nicht nur in Indien sondern mittlerweile auch auf der ganzen Welt. Derzeit gibt es weltweit etwa 6000 Lachclubs, in Deutschland sind es mehr als 150.

 

Lachyoga-Lehrerin als Beruf

Lachyoga befreit

 

Mo Langendorff selbst hat das Lachen in der Gruppe das erste Mal im Jahr 2010 ausprobiert. Es half ihr damals, begleitend zu einer Therapie, über eine aufkommende Depression hinweg zu kommen. Seit zwei Jahren ist sie mit dem Kölner Lachclub-Gründer Jürgen Knecht zusammen. „Aus der Idee heraus, noch mehr zu Lachen, sind dann diese regelmäßigen Lachtreffs entstanden“, sagt sie. Davon zu leben, sei allerdings momentan noch schwierig. Zumal sie für die Lachstunden lediglich eine Spende für die Raummiete verlangt. Für die Grundsicherung hat sie einen Job im Büro. Daneben bleibt ihr Zeit, sich um die Dinge zu kümmern, die ihr viel bedeuten.

„Es ist für mich jedes Mal ein Geschenk zu sehen, wie glücklich es die Leute gemacht hat“, sagt Mo. „Das befriedigt mich, ihnen auf diese Weise zu helfen.“ Nicht alle Teilnehmer sprechen offen über die Gründe ihres Kommens. Jeder entscheidet selbst, was er von sich preisgibt. Wer möchte, kann sich direkt an die Lachyoga-Lehrerin wenden. Ohnehin geht es nach der Stunde meist noch auf ein Getränk in ein Lokal auf der Severinstraße.

Dass Lachyoga öfters mal von Außenstehenden belächelt wird, ist ihr durchaus bekannt. „Bei Yoga war es am Anfang ähnlich und mittlerweile ist es etabliert. Bei Lachyoga wird das auch so sein – nämlich dann, wenn immer mehr Menschen merken, wie gut ihnen das tut“, so Mo.

 

Lachyoga in Köln

Montags 19.00-20.15 Uhr und dienstags 10.30-11.30 Uhr in der Severinstorburg sowie 18-19.00 Uhr im Wirtzhaus (Roonstr. 78), donnerstags 18-19.00 Uhr im Bürgerzentrum Ehrenfeld („Bütze“) und jeden zweiten Sonntag 12.00-13.00 Uhr am Aachener Weiher. Infos im Internet unter www.koeln-lacht.de.