Wer mit Schauspieler Volker Hein und Koch Johannes Fromm alias „herrschmitz“ unterwegs ist, wandert auf musikalischen Pfaden. Das „Krätzchen-Duo“, wie sich die beiden vorstellen, besingt die schönsten Orte des Severinsviertels. Neben Liedgut aus der Heimat lernt man das Veedel so von seiner urkölschsten Seite kennen.

Vringsveedel Tour
Das Kätzchen-Duo „Herr Schmitz“ – Alle Fotos: Evelyn Steinbach

Vor der Statue des Heiligen Severin, dem „weißen Riesen“, der seine Arme über die Severinsbrücke erhebt, stimmt das Duo Bernd Stelters Schlager-Parodie über die „Severinsbrück“ an. Mit der Quetsch und in fröhlicher köscher Mundart. Es dauert nicht lange, und die Besucher singen mit. „Das ist bei dieser Führung ausdrücklich erwünscht“, sagt Hein. Schließlich steckt in jedem Liedchen ein Stück Veedelsgeschichte.

 

Das „Narrenschiff“ erzählt die Geschichte Karl Berbuers

Auf jede Gesangseinlage folgt ein Stück Heimatkunde. Vom Zinter Vring, dem Heiligen Severin und dritten Bischof von Köln erzählt Volker Hein seinen Gästen ebenso wie vom Wiederaufbau der Severinsbrücke. Humorvoll und anekdotenreich: die kölsche Erzählweise hat der gebürtige Lindenthaler im Blut. Von hier ist es nicht weit bis zum Karl Berbuer-Platz, wo der Narrenschiff-Spielbrunnen an den bekannten Kölner Krätzcher- und Schlagersänger erinnert. Berbuer erschuf Evergreens wie „Heidewitzka, Herr Kapitän“ (1936) und das Trizonesien-Lied (1948), das sich mit der Nachkriegsaufteilung in drei westliche Besatzungszonen befasst. Nach einem selbst zusammen gestellten Karl-Berbuer-Medley führt der nächste Halt zum Brunnendenkmal des Arnold von Siegen, der im 16. Jahrhundert zwölf mal Kölner Bürgermeister war. „Siegen war erzkatholisch“, weiß Volker Hein. „Erst nach seinem Tod trat die gesamte Familie zum Protestantismus über.“ Das veranlasste die beiden an dieser Stelle Jürgen Beckers Song „Ich bin so froh, dass ich nicht evangelisch bin“ vorzutragen.

Das architektonische Kleinod nebenan, die „Elendskirche“, können die Teilnehmer zwar nur von außen besichtigen. Historisch interessantes hat Volker Hein dennoch zu berichten. „Der spätbarocke Bau ist die einzige Kirche in Köln, die sich bis heute in Privatbesitz befindet“, erzählt er. Die katholische Familie von Groote hatte „St. Gregorius im Elend“, wie der vollständige Name der Kirche lautet, zum Gedächtnis der „Elenden“ errichtet. Hein erklärt, dass sich hier zuvor ein Friedhof befand, auf dem Heimatlose, Ketzer und Armen, die nicht auf den katholischen Pfarrfriedhöfen bestattet werden konnten, ihre letzte Ruhe fanden.

Noch tiefer in die Geschichte des Veedels zurück geht es in der Landsbergstraße. Unter dem Firmengelände von Theodor Schumacher Söhne, der ältesten Holzhandlung Kölns, befanden sich einst römische Gräber. Eine Rekonstruktion eines der ausgegrabenen Skelette liegt noch heute in dem kleinen Privatmuseum des Unternehmens. Geschäftsführer Wiljo Schumacher bewahrt das römische Relikt an der Originalstelle unter einer Holzplatte im Boden auf.

Von Holz, allerdings nachwachsendem, ist auch auf dem kleinen Park an der Buschgasse die Rede. Das von Ludwig Sebus komponierte Lied vom „ahle Kuschteiebaum“ geben die beiden unter dem besagten Kastanienbaum zum Besten, bevor ein Kneipen-Stopp für ein erfrischendes Kölsch eingelegt wird.

Unterwegs in der Achterstraße berichtet Volker Hein von den Drei-Fenster-Häusern in Köln, einer typischen rheinischen Bauform ab der Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Gebäude waren schmal geschnitten, damit man sie unter preußischer Bauordnung von der Steuerabgabe befreite. Die Achterstraße erzählt ebenso die Geschichte der Familie Palm, der Willi Ostermann 1929 sein „Kutt erop“-Lied widmete. Den Refrain kennen die meisten Teilnehmer auswendig.

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Niemals geht man so ganz: das Trude Herr-Denkmal

Gegen Ende der zweistündigen Tour werfen die Beiden noch einen Blick auf das Lebenswerk der Trude Herr, die 1977 auf der Severinstraße ihr „Theater im Vringsveedel“ eröffnete. Im gleichnamigen Park vor dem Bürgerhaus Stollwerk ist ihr ein Denkmal gewidmet. Das Theater wurde zum Kino. Damals als „Rhenania“, heute unter dem Namen „Odeon“ bekannt.

An die jüngere Geschichte des Viertels erinnern die alten Stahlräder der Schokoladenproduktion unterhalb der Annostraße sowie das Pralinenmädchen am Severinskirchplatz. Die spendierfreudige Arbeiterin lässt erahnen, welch intensiver Schokoladenduft einst wie eine Glocke über dem Viertel lag.

Info zur Vringsveedel-Tour: www.herrschmitz.info