Das Odeon-Kino blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Schon in den 50ern unterhielt das damalige „Rhenania“ die Kölner und ihre Kinder mit Filmen. Kultikone Trude Herr verwandelte das Haus später in ihr eigenes Volkstheater. Noch lebt das Stadtteilkino von ihrer besonderen Aura. Die Volksnähe und der rege Austausch über die gezeigte Kunst währen fortan. Ein Rückblick.

 

 Die Geschichte des Kinos beginnt 1956. Die Betreiber der „Filmbühne Dr. Sander KG“ eröffnen in der Severinstraße 81 ein neues Kino namens „Rhenania“. 700 Plätze wurden für die Besucher geschaffen. Das Kino war der Ersatz für die im Krieg zerstörte „Vrings­Oper“ im Viertel. Da sich die Bürger nach den schweren Jahren wieder amüsieren wollten, gelang dem Kino mit Filmen wie „Der Hauptmann von Köpenick“ oder die „Trapp Familie“ schnell der Erfolg. Unvergessen sind auch die Vorstellungen für Kinder, die bereits zum Programm dazugehörten.

Anfang der 70er erlebt das Rhenania seinen ersten Einbruch. Das starke Aufkommen der Farbfernseher veranlasst die Besucher zu Hause zu bleiben. Das Kino wechselt mehrmals den Betreiber, erst 1977 kann sich das Haus neu behaupten.

 
Trude Herr
Trude Herr gründete ihr erstes und einziges Volkstheater mitten im Severinsviertel. Foto: Cornel Wachter

Trude Herr übernimmt das Lichtspielhaus

Die bekannte kölsche Komödiantin, Sängerin und Schauspielerin Trude Herr übernimmt den Betrieb und wandelt das Kino in ein Volkstheater um. Offiziell heißt es fortan „Theater im Vringsveedel“, vielen Kölnern wird ebenso der Name „Trude Herr-Theater“ bekannt sein. „Als sie ihr eigenes Theater machen wollte, habe ich die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen“, erinnert sich ihre Schwester Agathe Hartfeld. Sie habe erst einmal nicht an den Erfolg geglaubt, überzeugte sich aber bald vom Gegenteil.

Theaterumbau in den 80er Jahren. Foto Cornel Wachter
Theaterumbau. Foto: Cornel Wachter

Trude Herr brachte frischen Wind in die Volkskultur. Die traditionellen bürgerlichen Schwänke hielt sie nicht mehr zeitgemäß. Sie wollte auf der Bühne das echte Leben zeigen, ungeschminkt und durchaus sozialkritisch. Damit schuf sie eine Gegenpol zum Millowitsch-Theater, indem sie zuvor sechs Jahre unter anderem mit eigenem Ensemble spielte. Von Willi Millowitsch fühlte sie sich oftmals eingeengt und in den Schatten gestellt. Unter ihrer Leitung entwickelte sich das Volkstheater schnell zu einer der bedeutendsten Privatbühnen in Nordrhein Westfalen. Zahlreiche Prominente kamen zu ihren Vorstellungen und auch ihre Schwester verpasste keine Premiere. Dennoch sah sich die eigensinnige Trude Herr mit Zielkonflikten konfrontiert. Sie wollte auch mal tragische Rollen spielen“, sagt Agathe Hartfeld. „Aber die Leute haben immer gelacht, wenn es etwas tragisches war.“ In den 80ern folgten finanzielle Probleme des Theaters. Trotz guter Auslastung steigen Trude Herr die Fixkosten über den Kopf. Subventionen erhält das Privattheater nicht. Im Februar 1986 gibt sie die Schließung des Theaters bekannt.

 

Odeon
Filmsaal im ODEON-Kino.

Das Odeon entsteht

Ein Jahr später übernehmen die Betreiber des „Broadway“ (Ehrenstraße) und „Off Broadway“ (Zülpicherstraße) das Theater und eröffnen die Räume unter dem heutigen Namen „Odeon“ als Kino. 1994 übernimmt das Arthaus­Lichtspieltheater das Geschäft, muss es durch eine finanzielle Krise 2001 einstellen.

DruckErst durch eine Finanzspritze der Filmstiftung NRW kann das Odeon 2002 wieder die Pforten öffnen. Das Kino wird seitdem von Dieter Hertel und Jürgen Lütz geführt. Theaterleiter ist seit 2009 Martin Roelly, der hier 2002 als Filmvorführer begann.

 

Trude Herr
Erinnerung an die einstige Grand Dame des Hauses: Trude Herr. Foto: Evelyn Steinbach

Der gute Geist aus dem Rhenania und dem Trude Herr-Theater schweben bis heute in den Räumen. An Trude Herrs Geburtstag wird jedes Jahr ein Werk von ihr zurück auf die Bühne gebracht. Neben Klassikern aus dem Rheinland, zeigt das Kino europäische Filme und Independent-Produktionen.

Eine Reihe von Spezialveranstaltungen wie die Kölsche Film-Matinee, „Odeon trifft“ oder das Schulkino nehmen direkten Bezug zum Viertel. Sowie auch das Café mit Biergarten, indem sich Besucher gerne über die vorgeführten Filme austauschen.

 

 

Odeon
Martin Rolley, der heutige künstlerische Leiter des Kinos. Foto: Evelyn Steinbach

4 Fragen an Theaterleiter  Martin Roelly

 

  1. Herr Roelly, Sie kennen das Kino seit zwölf Jahren. Welche Höhepunkte gab es?

 

Ein wichtiger Schritt war der Umbau des Kinos vor ein paar Jahren, um ein breiteres Programm spielen zu können. Unsere Besucherzahlen haben sich seitdem verdoppelt. Schöne Momente gab es auch bei unseren Spezial-Veranstaltungen wie „Odeon trifft“, wo wir Filmabende mit Partnern aus der Südstadt gestalten. Oder unser Schulkino, indem wir den Klassen vormittags eigene Vorstellungen anbieten. Wir sehen das als Investition in die Zukunft, da viele von den Kindern noch nie im Kino waren.

 

  1. Was mögen Sie am Odeon?

Das Haus lässt einen nicht mehr los. Das hat hier etwas sehr Familiäres. Im Gegensatz zu den großen Kinohäusern kennt man sich untereinander, da wir viel Stammpublikum haben. Da gibt es immer einen regen Austausch.

 

  1. Worin unterscheidet sich das Odeon zu anderen Stadtteilkinos?

Das sind in erster Linie die vielen Extraveranstaltungen wie zum Beispiel die Kölsche Film-Matinee. Wir setzen Schwerpunkte in der europäischen Filmkunst, besonders im französischen Kino. Ebenso wichtig ist der Dokumentarfilm.

 

  1. Was ist von der Trude Herr-Zeit übrig geblieben?

Trude Herr ist hier noch ein großes Thema, allein durch die Kölsche Film-Matinee. Da kommen jetzt auch die Enkel und jüngere Leute mit.

 

Adresse: Odeon-Lichtspieltheater, Severinstr. 81, 50678 Köln

www.odeon-koeln.de