Abi in der Tasche und schon die Zusage für einen Studienplatz erhalten: Fehlt nur noch das passende WG-Zimmer. Doch das ist gar nicht so einfach: Auf ein Zimmer in beliebten Uni-Städten kommen oft hunderte Bewerber. Entschieden wird sich meist nach einem WG-Casting.

Nicht nur in Berlin, Hamburg, Köln oder München, sondern auch in kleinen Uni-Städten wie Freiburg, Münster oder Göttingen kann es dauern, eine günstige Unterkunft für das Studium zu finden. Viele Studenten suchen aus Kostengründen nach einer Wohngemeinschaft. Aber auch, um schneller Kontakte in der neuen Umgebung zu knüpfen. Was also tun, um die Erfolgschancen auf ein Zimmer zu erhöhen?

„Stellt Euch bitte in ein paar Zeilen vor“: Bevor man zum WG-Casting geht, müssen Suchende sich per E-Mail oder telefonisch auf das Zimmer bewerben. Manche WGs bitten zusätzlich um einen Link zum Facebook-Profil.

In den Wohnungsanzeigen erfährt man häufig schon über das aktuelle WG-Leben („Wir kochen am Wochenende gern gemeinsam“; „Bei uns hat jeder Freiraum und seine Ruhe zum Lernen“) und die Wünsche an den neuen Bewohner („Wenn du auch gerne feiern gehst, bist du bei uns richtig“). So erkennen Bewerber schon, ob sie in die WG passen könnten oder nicht.

Pünktlich sein und authentisch bleiben

Vor dem Besuch der WG sollte man die Details aus der Anzeige verinnerlicht haben, um nicht alles doppelt erfragen zu müssen. Auf Pünktlichkeit wird geachtet sowie auf normale Kleidung. „Am besten erscheint man als der Mensch, der man ist“, rät Stefan Grob, Presseleiter des Deutschen Studentenwerks in Berlin. Schließlich gehe es darum, einen möglichst authentischen Eindruck zu hinterlassen – und das schon von Anfang an.

„Beim WG-Casting sollte man erst einmal darüber sprechen, was die WG von einem erwartet, und dann erfragen, wie sie funktioniert und was die anderen Bewohner so machen“, rät er. Denn das wichtigste seien neben dem freien Zimmer die Mitbewohner, mit denen man sich gut verstehen muss.

„Erst danach stellt man sich selbst etwas genauer vor und erzählt, was man in die WG einbringen kann“, sagt er und empfiehlt, sich während des Castings nicht zu verbiegen. „Man sollte auch ansprechen, wie man sich selbst das Leben in der WG vorstellt.“

Das offene Worte im Gespräch gut ankommen, hat auch Jana Thomas beobachtet. Sie ist Sozialreferentin für den Bereich Wohnen und Notunterkünfte bei AStA, der Studentenvertretung der Universität zu Köln. „Die Bewohner sollen merken, dass sich derjenige nicht verstellt“, sagt sie. Im Hinterkopf bleibe natürlich, das man das Zimmer bekommen möchte. Dennoch: „Nicht den Fokus auf die schlechteren Eigenschaften legen, sondern auf die eigenen Vorteile und Stärken.“

WG-Casting soll kein Verhör sein

Doch wie viel gibt man von sich Preis? Gibt es Grenzen? „So wenig wie möglich, aber so viel wie nötig“, sagt sie. „Wenn man das Gefühl hat, man wird verhört, dann sollte man aber einen Gang zurück schalten.“ Sehr private Informationen gehören nicht in das Vorstellungsgespräch. Das sollten die Bewohner akzeptieren.

„Abklären sollte man die Punkte, wo das Leben aneinander reiben könnte, etwa wenn die Bewohner früh aufstehen oder sie wert darauf legen, dass es tagsüber leise ist“, sagt sie. Auch die Ordnungsgewohnheiten sollte man vorher kennen und überlegen, ob die zu einem passen oder ob man sich gegebenenfalls anpassen würde. „Am besten man erkundigt sich nach Regeln, wie z. B. das Kochen in der Küche gehandhabt wird oder die Hygiene im Bad“, sagt Stefan Grob. Einfache Fragen wie: „Wer putzt, wer kauft ein? Raucht ihr? Macht ihr oft Party?“ würden hier schon Aufschluss geben.

Bitte nicht: Jemanden mitbringen

Die No-Gos beim WG-Casting: Eltern und Freunde mitbringen. „Der Schritt ins Studium ist definitiv einer, in dem man selbstständig werden muss“, sagt Grob. „Daher sollte man weitestgehend auf die Hilfe der Familie verzichten.“ Was man ebenso vermeiden sollte, sind falsche Versprechungen wie etwa: „Ich koche jeden Freitag für Euch“ oder: „Wenn ihr mich nehmt, dann ist der Bierkasten immer gefüllt.“ Daran müsse sich der neue Bewohner später auch halten, erklärt er. Das gelte auch für Staubsauger, Kaffeemaschine & Co., die man verspricht beim Einzug mitzubringen.

„Empfehlenswert ist, sich nach der Form des Mietvertrages zu erkundigen“, sagt Claus O. Deese, Geschäftsführer des Mieterschutzbundes. Er kennt aus der Praxis drei Varianten bei studentischen Wohngemeinschaften: Bei der ersten gibt es einen Studenten als Hauptmieter, der die freien Zimmer in seiner Wohnung untervermietet. Es gelten zwar die gleichen Rechte wie bei einem Vertrag mit dem Eigentümer. „Nur kann der Hauptmieter in Bezug auf seine Untermieter andere Regelungen aufstellen“, erklärt er. Etwa auch, was die Höhe der Miete anbelangt. Besser sei, wenn die Studenten die Wohnung gemeinsam vom Eigentümer mieten. „Falls jemand die Wohnung verlässt, können die Übrigen eigenständig jemand neues suchen, ohne das sich am Hauptmietvertrag etwas ändert“, so Deese. Der einzige Nachteil: Die Bewohner haften für Mietausfälle der anderen. Dies passiert nicht, wenn in der WG jeder einen Vertrag mit dem Vermieter abschließt und so nur für die eigene Miete verantwortlich ist. Leider fehlen oftmals genaue Regelungen für die Gemeinschaftsräume, sagt er.

Die Bewohner werden sich erst alle Bewerber anschauen wollen. Eine Zu- oder Absage kommt daher erst ein paar Tage nach dem Termin. Falls es nicht klappt, sollte dies nicht zu sehr belasten. „Das liegt oft nicht an einem selber, sondern daran, dass ich so viele auf das Zimmer bewerben“, sagt Jana Thomas. „Zehn Castings werden mit Sicherheit nötig sein. Manchmal auch 20.“ Wer Alternativen sucht, kann ein Wohnungsgesuch aufgeben. „Hier haben Studenten mehr Erfolg, als man denkt“, sagt sie.