Eine Fahrt mit der Krokodilfähre von Weiß zur Zündorfer Groov gehört zu den legendärsten Freizeiterlebnissen in Köln. Was wenige wissen: Fährmann Heiko Dietrich hat sie selbst gebaut. Dank dem Tüftlergeist, der in ihm steckt.

Fährmann
Fährmann Heiko Dietrich an der Anlegestelle in Köln-Weiß. Alle Fotos: Evelyn Steinbach

„Am Anfang war da ein weißes Blatt Papier und jede Menge Ideen“, erzählt Dietrich mit einem verschmitzten Lächeln. Als er damals in der Zeitung liest, das der Stadtteil Weiß einen Fährmann mit Boot sucht, reagiert er sofort. Getreu seinem Motto „was geht, das geht“ erstellt er Entwürfe für eine eigene Personenfähre. Mit zwei Lehrlingen setzt er sie um. „Der Rumpf war nach sechs Wochen fertig“, erinnert er sich stolz. „Da gab es Bilder wie im Bilderbuch, nach denen wir Schritt für Schritt das Boot gebaut haben.“ Nach zwei Jahren ist das „Krokolino“, wie er sein Boot liebevoll getauft hat, betriebsbereit. Es löste die „Frika“ ab, ein umgebautes Kohlefrachtschiff mit Platz für 100 Personen, mit der er 1987 seinen Fährbetrieb in Weiß begann. Heute wohnt er auf der Frika, während das Krokolino (max. 40 Fahrgäste) und das kleinere Krokodil (max. 18 Gäste) von Ufer zu Ufer pendeln, jeweils 14 Kilometer gegen den Strom. Eine Tour dauert zwischen drei und fünf Minuten, je nach Verkehrslage auf dem Rhein. Zeit genug, um ein Schwätzchen mit seinen Gästen zu halten. Das mache ihm am meisten Spaß, sagt der Fährmann, der Kontakt zu den Menschen.

 

Krokodilfähre KölnDer frühere Maschinenbauer, Schreiner, Aussteiger und Wiedereinsteiger hat den größten Teil seines Lebens auf dem Wasser verbracht: in Hausbooten, auf Fähren und auf Lastkähnen. Bevor er an den Rhein kam, lebte er viele Jahren in Belgien, barg Schiffe und überführte sie. Er schätzt sich selbst als pragmatisch und flexibel ein, sonst könne man in dem Beruf nicht bestehen, meint er.

„Wer Fährmann werden will, sollte in der Lage sein ein Boot zu bauen.“ Nicht jeder müsse wie er eine Fähre von Grund auf selbst konstruieren. Wenn man sich das aber zutraut, beweise man, das man die Technik beherrscht. Zum Erwerb des Fährführerscheins gehören außerdem mindestens 180 Tage Fahrpraxis auf einem Binnenschiff.

 

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„Plötzliche Überraschungen sollte man lösen können“, empfiehlt er rückblickend auf seine 26 Jahre am Rhein. „Es kann passieren, dass dir ein Boot in den Bug fährt oder jemand mit der Motoryacht vorbeibrettert und Wellen hinterlässt, die bis oben zum Ufer schwappen.“ Senioren finden das nicht so lustig. Die müsse man beruhigen, weiß er. Das erfordert Feingefühl und eine gewisse Menschenkenntnis.

 

Wenn der gut gelaunte Abenteurer mal nicht seine Krokodilfähren lenkt, zieht er sich auf seine still gelegten Schiffe nebenan zurück: sein Hausboot „Frika“, ein altes Segelschiff, sowie einen Kahn, den er zur Werkstatt umfunktioniert hat. Gerade liegen eine brüchige Stahlverbindung und ein wackelnder Sitzpodest auf Deck: „Hier geht öfter Mal etwas kaputt“, kommentiert er nüchtern. 36 Prozent der Fahrtzeit nehmen Reparaturen ein, hat er kürzlich berechnet. Darunter viele Schweißarbeiten. Diese erledigt er unter freiem Himmel, während drinnen die Hölzer gesägt werden. Handwerkliches Geschick ist ein Muss. Wer auf einem Schiff arbeitet, sollte sich in jeder Hinsicht zu helfen wissen.

IMG_1605Mit seinen 69 Jahren hat Dietrich noch immer den Erfindergeist von Daniel Düsentrieb und den nötigen Elan für seinen Fährbetrieb. „Ich muss zwar heute mehr delegieren als früher“, sagt er, „aber wie lange ich das noch machen will, weiß ich nicht.“ Freundin Kiki, Fährfrau und Zeichnerin der lustigen Krokodilmotive, unterstützt ihn, wo sie kann. Manchmal beauftragt er Arbeiter, die ihm bei der Pflege und Instandhaltung der Boote aushelfen. „Weil so viel drumherum anfällt, ist es schwierig abzugeben“, meint Dietrich und fände gut, wenn sich die Stadt Köln an dem Fährbetrieb beteiligen würde. Dann wäre er auch die vielen Verwaltungsaufgaben los und könne er sich mehr auf den eigentlichen Job konzentrieren: das Fahren.

Seine Stammgäste kennt der Fährschiffer mittlerweile persönlich. Morgens und abends kommen die Berufspendler, dazwischen die Schulklassen und Freizeitsportler, am Mittwoch hat er die Rentnergruppen an Bord. „Da erfährt man schon Einiges von den Leuten“, erzählt Dietrich. „Einmal kam ein junger, in weiß gekleideter Mann mit Esel zu mir. Der wollte nach Jerusalem und kam aus Mönchengladbach“, grinst er und fügt hinzu: „Beim ersten Etappenziel haben wir ihm natürlich geholfen. Die Leutseligkeit muss man als Fährmann haben.“

Von April bis September ist auf den Krokodilfähren Hochsaison. Sie fahren dann täglich von 11 bis 19 Uhr (Mo – Fr) und 10 bis 20 Uhr (Wochenende). Zeit für Urlaub bleibt ihm da nicht. In den letzten Jahren war er nur einmal für drei Tage fort, erinnert sich Dietrich. „Da kam gleich der Anruf, dass etwas kaputt gegangen sei.“ Und im Winter? Da pausieren die Fähren. Wegfahren möchte der Fährmann trotzdem nicht. „Ich beobachte lieber alles. Das ganze Areal kann ich nicht alleine lassen.“

Info: www.faehre-koelnkrokodil.de