Ob als Lieferwagen für Händler in der Nachkriegszeit, als Friedensmobil der Hippies oder als Freizeitauto für die Familie. Der Bulli von Volkswagen hat Generationen mobilisiert. Vor 60 Jahren begann die erste Serienproduktion in Wolfsburg.

Es sieht fast aus wie eine Kinderzeichnung, die Ben Pon 1947 in sein Notizbuch kritzelt. Der niederländische Autohändler skizziert ein kastenförmiges Vehikel mit Frontlenker, Heckmotor und einer glatten Ladefläche. Die Idee kam ihm beim Besuch des VW-Werks in Wolfsburg, wo er ein von Mitarbeitern zusammengebautes Lastwägelchen sah. Sie transportierten damit schwere Platten von Halle zu Halle.

Pon schaffte es, den damaligen VW-Chef Heinrich Nordhoff zu überzeugen. Am 8. März 1950 ging sein Entwurf als „Typ 29“ in Serie: ein stabiler, einfacher Transporter mit einer geteilten Frontscheibe und mit einem 25 PS starken, luftgekühlten Boxer-Motor im Heck. Der Wagen hatte eine Länge von 4,15 Metern, konnte 750 Kilogramm Last befördern, und schaffte fast 100 km/h. Motor und Achsen wurden vom Käfer übernommen.

 

Nachkriegswagen für Alle 

Der VW-Bulli gilt heute bei vielen als Symbol des Wirtschaftswunders. Wendig, praktisch und vielseitig einsetzbar verhalf er tausenden Händlern und Gewerbetreibenden nach dem Krieg zum Aufschwung. Einer der ersten Wagen ging zum Beispiel nach Köln an den Parfümhersteller 4711. Bis 1954 entwickelte VW 30 verschiedene Modelle, darunter Pritschenwagen für Handwerker, Krankenwagen sowie Ausführungen für Polizei, Post und Feuerwehr.

Obwohl der „T1“, wie man ihn heute nennt, als Lieferwagen geplant war, entwickelte er sich schon früh als Ferienmobil. 1951 kam das Modell „Samba“ heraus, ein Ferien- und Campingmodell mit Rollverdeck, Fenstern und acht Sitzen. Das Gefühl des lockeren, fröhlichen und sonnigen Lebens am Zuckerhut sollte bei den Deutschen ankommen. Mit Erfolg: Der Samba-Bus wurde zum Kult-Klassiker unter Deutschen Urlaubern.

 

Von Wolfsburg nach Hannover

VW produzierte damals 80 Busse am Tag. Da die Kapazitäten in Wolfsburg nicht mehr ausreichten, kam ein neues Werk in Hannover dazu. 1956 lief dort der erste Bulli von Band – zunächst noch der T1, ab 1967 die zweite Generation. Bis dahin wurden vom T1 mehr als 1,8 Millionen Exemplare produziert. Den T2 stattet VW als Personenfahrzeug mit 47 PS und 23 Fenstern aus. Vorne erhält der Wagen eine durchgehende Frontscheibe und seitlich eine Schiebetür – beides Merkmale, die bis heute geblieben sind.

 

Mobiler Begleiter der Hippies

In den 70er Jahren wird der Bulli zum bunt bemalten Erkennungszeichen einer ganzen Ära. Gitarren, Picknickgeschirr, Schlafsäcke – die Hippies nehmen alles mit an Bord, was sie zum Reisen und Leben benötigen. In Jesuslatschen oder Batikkleidern steuern sie als erstes die Westküste der USA an, später Ibiza oder das indische Goa. Der Bulli ist ihr ständiger Begleiter. Zur gleichen Zeit gehen Künstler und Musiker mit dem Kleinbus auf Tournee. Ihre Fans reisen im gleichen Wagen hinterher.

Der Hippiebewegung ist es zu verdanken, dass der Kleinbus international bekannt und erfolgreich wurde. Weltweit sind bislang mehr als zehn Millionen Exemplare unterschiedlicher Modelle gebaut worden – unter anderem in Polen, Südafrika, Brasilien und Mexiko.

 

Der Bulli heute

Nach dem T2 kamen der weniger erfolgreiche T3 sowie der T4 auf den Markt, bei dem zum ersten Mal ein Frontmotor eingebaut wurde. Momentan produziert VW den T5, ausgestattet als komfortables Freizeit- oder Businessmobil. Mit den Bullis von früher haben die neuen Modelle nicht mehr viel gemeinsam. Stärkere Motoren, Sicherheit und eine bequeme Inneneinrichtung haben ihren Preis. Echte Fans schwören noch immer auf die alten Modelle, mit denen sie ein Lebensgefühl und eine klassenlose Zeit verbinden.

Der Spitzname „Bulli“ stammt übrigens von den ersten Käufern. Er entstand, weil man den Wagen sowohl als Bus (Bu) als auch als Lieferwagen (Li) nutzen konnte. Bis 2007 war der Name inoffiziell, weil die Markenrechte einem anderen Fahrzeughersteller gehörten. Obwohl „Bulli“ jetzt offiziell ist, bezeichnet VW die neueren Modelle als „Multivan“. Die Zeiten haben sich geändert.