Hausfrau in den 60er Jahren
Vom Heimchen am Herd zur Super-Mama und Karrierefrau: Die Rolle der Hausfrau in der modernen Gesellschaft damals und heute.

Früher Heimchen am Herd, heute Multitasking-Mama und Karrierefrau: Das Bild der deutschen Hausfrau hat sich seit den 60er Jahren stark gewandelt. Frauen sind heute besser ausgebildet, streben eine andere Lebensform als das Versorgungsmodell Ehe an. Doch jede Menge Hausarbeit verrichten sie trotzdem. Ein Rückblick.

„Hausfrau“, allein der Name klingt nach einem Modell aus dem vergangenen Jahrhundert. Nur wenige Frauen wollen sich freiwillig noch so bezeichnen, der Begriff klingt nicht mehr zeitgemäß. Dabei fallen viele der damaligen Hausarbeiten weiter an. Gewaschen, gebügelt, gekocht wird weiterhin durch Frauen – die zusätzlich berufstätig sind. Und da bekanntlich hinter jedem erfolgreichen Mann und Schulkind eine starke Frau steckt, kommen weitere zeitintensive Aufgaben hinzu. Schauen wir uns die Entwicklungen genauer an.

Klare Verhältnisse – das Hausfrauen-Ideal der 50er und 60er Jahre

Das traditionelle Familienmodell der 50er und 60er Jahre ging davon aus, dass Berufs- und Familienpflichten nicht miteinander vereinbar sind. Die Rollenverteilung war daher bekanntermaßen schlicht und einfach: Der Mann ging einer bezahlten beruflichen Tätigkeit nach und ernährte als Hauptverdiener die gesamte Familie. Die Hausfrau übernahm die unbezahlte Hausarbeit, versorgte die Familie und hatte sich um die Erziehung der Kinder zu kümmern. Die häufig genannten „drei Ks“ (Kinder-Küche-Kirche) beschreiben kurz und treffend den Platz, den die Gesellschaft der verheirateten Frau in diesen Jahren zuwies. Die Werbung der Zeit brachte das Idealbild der deutschen Hausfrau auch medial auf den Punkt: jung, adrett gekleidet, erstklassig frisiert, mit Cocktail-Schürze in der aufgeräumten Küche oder als attraktive Gastgeberin im gepflegten Heim.

Angepasste Lebensplanung in den 70er Jahren – Beruf, Auszeit, Wiedereinstieg

Die Wirklichkeit sah für einen Großteil der Frauen ganz anders aus: Das enorme Wirtschaftswachstum führte zu einem steigenden Arbeitskräftebedarf. Frauen waren die einzig verfügbare zusätzliche Reserve. Dementsprechend stieg die Zahl der berufstätigen Frauen seit 1950 kontinuierlich an. Darunter viele verheiratete Frauen. 1970 war schon fast jede zweite erwerbstätige Frau verheiratet und musste Familie und Beruf unter einen Hut bringen. Für die Frauenbewegung rückte folglich ihre Doppelbelastung ins Zentrum der Kritik. Denn obwohl Frauen jetzt auch einem Beruf nachgingen, wurden sie nicht von traditionellen Familienaufgaben entlastet. Das Problem löste man damals pragmatisch. Die Frauen passten einfach ihre Lebensplanung an: Ausbildung und Berufstätigkeit in jungen Jahren, Unterbrechung zugunsten der Kindererziehung (Vollzeit-Hausfrau, Mutter) und Wiedereinstieg in den Beruf, wenn die Kinder groß sind.

Flexible Zwischenlösungen in den 80ern – Teilzeit-Hausfrauen bestimmen das aktuelle Bild

Einen Großteil der Hausarbeit übernehmen auch noch heute die Frauen.

Auf der Basis veränderter sozialer und wirtschaftlicher Rahmenbedingungen haben sich seit den 80er Jahren dann neue Handlungsspielräume ergeben. Statt viele Jahre die eigene Berufstätigkeit zu unterbrechen, wollen Mütter jetzt gleichzeitig sowohl im Job als auch in der Familie aktiv sein. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit verzeichnete 1986 – trotz schwieriger Arbeitsmarktsituation – einen Anstieg der Erwerbstätigenquote verheirateter Frauen von 38 Prozent (1977) auf 47 Prozent (1986). Zehn Jahre später war die Erwerbsquote schon auf 55 Prozent gestiegen. 2013 liegt sie nach Berechnungen des Mikrozensus bei 70 Prozent. Ein weiter Befund der Statistiker: Insbesondere zu Beginn der Familienphase schränken junge Mütter ihre Berufstätigkeit ein oder geben sie erst einmal auf. Für den baldigen Wiedereinstieg bevorzugen sie flexible Zwischenlösungen und setzen auf Teilzeitarbeit, um den Spagat zwischen Familie und Beruf zu meistern.

Die Mütter von heute sind überwiegend berufstätige Teilzeit-Hausfrauen. Die Vollzeit-Hausfrau verliert dagegen weiter an Bedeutung, ist aber noch nicht vollständig von der Bildfläche verschwunden. 

Und heute? Stillstand bei der Arbeitsteilung – Hausarbeit bleibt weiterhin Frauensache

Medien und politische Initiativen haben zwar schon viel zur Veränderung der Rollenbilder beigetragen, doch im Familienalltag überlebt weiterhin die traditionelle Arbeitsteilung. Das heißt: Es sind nach wie vor die Mütter, die sich hauptsächlich um die Kindererziehung, das Zubereiten der Mahlzeiten, um die Wäsche, die Hausreinigung und vieles mehr kümmern. Das gilt für die Vollzeit- und Teilzeit-Hausfrau genauso wie für die vollzeitberufstätige Frau. Männer fühlen sich für Reparaturen und den Garten zuständig und unterstützen im Haushalt zumindest etwas häufiger als früher. Die meiste Zeit für Hausarbeit muss aber immer noch die Frau aufbringen.

Putzdienste schaffen Freiräume – aber neue Aufgaben rücken nach

Seit den 60er Jahren werden Teile der Hausarbeit zunehmend ausgelagert und technisch rationalisiert. Textilreinigungen bieten ihre Wasch- und Bügeldienste an, die Waschmaschine hält Einzug in die Haushalte, Kühlschrank und Tiefkühltechnik vereinfachen die Konservierung von Lebensmitteln. In den folgenden Jahrzehnten kommen ständig neue Haushaltsgeräte auf den Markt. Staubsauger können jetzt nass und trocken saugen, Mikrowellen erhitzen das Abendessen für den Mann am Abend und Spülmaschinen erledigen den Abwasch wie von selbst. Dazu kommen moderne Küchenmaschinen, Mixer, Trockner, die allesamt klassische Hausarbeiten wie Waschen, Kochen und Vorratshaltung erheblich erleichtern.

Trotz Arbeitsentlastung und Zeitgewinn ist die Hausfrau aber weiterhin gut beschäftigt. Wachsende Ansprüche an Hygiene, gesunde Ernährung und umweltfreundliches Verhalten haben sich schnell breit gemacht. Wer hier einigermaßen kompetent agieren will, muss sich ständig informieren und Entscheidungen für den eigenen Haushalt treffen.

Haus- und Familienarbeit wird jetzt auch in das persönliche Netzwerk und an Dienstleister ausgelagert. Großeltern, Freunde und Nachbarn unterstützen zum Nulltarif – und das nicht nur im Notfall. Wer es sich finanziell leisten kann, beschäftigt private Haushaltshilfen und überlässt die Betreuung kleiner Kinder haushaltsfremden Personen. Das Angebot öffentlicher Dienstleister steigt, seitdem es für Kinder unter drei Jahren einen bundesweiten Rechtsanspruch auf einen öffentlich geförderten Betreuungsplatz gibt. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes gab es im März 2016 bundesweit 54.823 Kitas sowie 43.489 Tagespflegemütter und -väter. 721.000 Kinder unter drei Jahren werden demnach in einer Kindertageseinrichtung oder in öffentlich geförderter Kindertagespflege betreut.

Neue Hausarbeit – das Management der Außenbeziehungen

Die Pinnwand in der Küche von Andrea K. spricht Bände. Hier hängen wichtige Eckdaten für das Management der Außenbeziehungen aller Familienmitglieder: Telefonnummern, Merkzettel für Arzttermine, Geburtstage, Veranstaltungen, Info-Flyer. Die Standarddaten für Kinderbetreuung, Sport, Freizeit, Nachhilfe und den öffentlichen Nahverkehr hat Andrea K. auch ohne Terminplanungssoftware im Griff. Die Telefonnummern des persönlichen Netzwerks und der familienrelevanten Institutionen sind im Smartphone gespeichert. Die Koordination unterschiedlicher Termine, Interessen und Verpflichtungen ihrer Kinder sowie die damit zusammenhängenden Fahrdienste, das alles ist zeitintensiv. In Anlehnung an Dr. Maria Thiele-Wittig von der Deutschen Gesellschaft für Hauswirtschaft wird in diesem Zusammenhang sogar von „Neuer Hausarbeit“ gesprochen, denn die modernen Haushalte fordern in zunehmendem Maße „Arbeitseinsätze an den Schnittstellen zu den verschiedenen Institutionen, von denen Haushalte Güter und Dienstleistungen beziehen.“

Wenig Wertschätzung – Aufwertung durch Hausfrauen-Gehalt?

In der normalen Arbeitswelt könnte ein Job mit den Aufgaben Planung, Koordination und Schnittstellenmanagement mit gesellschaftlicher Anerkennung rechnen und einem guten Gehalt. Die berufstätige Teilzeit-Hausfrau macht’s umsonst und das Ansehen bleibt ihr versagt.

Dabei trägt unbezahlte Arbeit ganz wesentlich zum sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft bei – innerhalb der eigenen Familie ist sie unersetzlich. Das kann jeder aus eigener Erfahrung bestätigen. Trotzdem rangiert die Haus- und Familienarbeit im Vergleich zur Erwerbsarbeit auf den unteren Plätzen der gesellschaftlichen Werteskala.

Immerhin wird inzwischen die volkswirtschaftliche Bedeutung der unbezahlten Arbeit erkannt und mit Zahlen unterlegt. Günter Schmid vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung schätzt, dass der Wert unbezahlter Haus- und Familienarbeit in Euro umgerechnet zirka ein Drittel des Sozialprodukts moderner Industriegesellschaften ausmacht. Zwei Drittel dieser Arbeit leisten Frauen. 

Das Anerkennungsproblem der Hausfrau könnte möglicherweise auch durch eine Neudefinition ihrer Arbeit gelöst werden: Hausarbeit sollte den Status von Lohnarbeit erhalten. Die Familienmanagerin muss bezahlt werden. So etwa lässt sich die Forderung zusammenfassen, die die Hamburger Autorin Catharina Aanderud in ihrem Buch „Schatz, wie war dein Tag auf dem Sofa?“ aufstellt. Im Hamburger Abendblatt erklärt sie dazu: „Da bei uns nur wertgeschätzt wird, was etwas kostet, ist das wohl die einzige Möglichkeit, die Arbeit einer Hausfrau als Familienmanagerin aufzuwerten und deutlich zu markieren, dass im Haushalt immerhin 50 Prozent aller Dienstleistungen erbracht werden, auf die unsere Gesellschaft zu ihrem Funktionieren angewiesen ist.“

Die Rolle der Männer im Haushalt

Doch inwieweit unterstützen Männer heute die Familie im Haushalt? Lothar Böhnisch, emeritierter Professor für Sozialpädagogik und Sozialisation der Lebensalter an der TU Dresden, erklärt die Rolle der Väter so, dass die meisten Männer selten vorbereitet seien, Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren. Die innerfamiliale Rolle wäre ihnen aus verschiedenen Gründen bisher verwehrt gewesen; ihnen fehlen die entsprechende Erfahrung und noch immer die öffentliche Anerkennung einer solchen zweiten Rollenexistenz.

Das würde sich bei vielen Männern in der Spannung zwischen Wunsch und Verwehrung äußern: In Umfragen gebe eine Mehrheit von Männern an, in der Haus- und Erziehungsarbeit engagiert zu sein, es aber gar nicht so zu können, wie sie es sich wünschten. Denn sie seien nachweisbar beruflich stark eingespannt. Auch geben Männer häufig fehlendes Geschick als eine mögliche Entschuldigung an.

Karriere und ein Kind

Bei den heute 20- bis 35-jährigen Frauen – der so genannten Generation Y – wird indes klar, dass sie Beruf mit Familie verbinden möchten. Das hat Jutta Allmendinger, Professorin an der Berliner Humboldt-Universität herausgefunden. Allerdings klappt Vollzeit und Karriere ab dem zweiten Kind nicht mehr so gut. Das schaffen nur wenige gut Verdienende, da sie eine Haushaltshilfe beschäftigen. Daher würden viele Paare nur ein Kind aufziehen und das erst recht spät.