Sie sind locker, humorvoll und lieben die Musik. Sie lernen unsere Sprache und tanzen Salsa, Bachata und neuerdings auch Zumba. Gemeint sind nicht die Kubaner, Mexikaner oder andere Latinos, sondern die Kölner, wie sie von südamerikanischen Bewohnern beschrieben werden. Der kölsche Frohsinn deckt sich mit dem lateinamerikanischen Lebensgefühl. Grund genug, warum sich die Latinos hier wohler fühlen als in anderen Regionen Deutschlands.
Ich begab mich auf eine Reise durch das lateinamerikanische Köln. Bei der Kulturklüngel-Tour „Colonia Latina“ traf sie Latinos aus Kuba, Mexiko, Costa Rica, Kolumbien und Peru, die Einblicke in ihre Kultur gaben. Mit dabei: Knapp 20 überwiegend deutsche Teilnehmer, die wissen wollten, was lateinamerikanisches Kultur ausmacht und an welchen Orten diese in Köln anzutreffen ist.
Kubanische Zigarren aus Ehrenfeld
Ein Laden, ganz im Stil Alt-Havannas: Annette Meisl ist Gründerin der Zigarrenmanufaktur „La Galana“ in der Venloer Straße. Hier kann man nicht nur handgedrehte Zigarren der Eigenmarke „La Galana“ erwerben. Der Gehimtipp ist der Salon dahinter, eine Ruheinsel für alle, die gerne Zigarre rauchen oder kubanischen Kaffee probieren möchten. Fast täglich sitzen hier kubanische Zigarrenrollerinnen, denen man bei ihrer Arbeit zuschauen kann. Mit ruhigen Händen und in liebevoller Detailarbeit rollt Alicia Parada Zigarren von der kleinen „petit toro“ bis zur „churchill“, für die man bis zu 1,5 Stunden Rauchzeit einplanen muss. In Köln hat sie ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht. Denn „in Kuba war das Zigarre rollen nicht mein Job, sondern nur mein Hobby“, erzählt sie.
Die Idee zur eigenen Zigarrenmarke kam Annette Meisl 1999 auf Kuba nach einem Treffen mit Gregorio Fuentes, dem ehemaligen Kapitän von Ernest Hemingway. „Ich habe ihn kennengelernt, da war er schon 103 Jahre alt. Wir haben auf seiner Terrasse gesessen, er saß Zigarre rauchend im Schaukelstuhl und trank dazu einen Schluck süßen kubanischen Rum. Im Hintergrund rauschte das Meer und lief schöne kubanische Musik.“ Sie dachte: „Toll, das ist ein Moment, den ich gerne nach Deutschland mitnehmen würde.“ Gesagt, getan: 2006 eröffnete sie die Zigarrenmanufaktur, 2009 folgten das Ladengeschäft und der Zigarrensalon.
Info: La Galana Zigarrenladen und Café del Tabaco, Venloer Straße 213, www.lagalana.de
Salsa und Merengue, ein Lebensgefühl
Auf Kuba sowie in allen anderen Ländern Südamerikas ist auch der Tanz ein bedeutendes Kulturgut. „Tanzen gehört zum Leben“, sagt Natalia Pacheco, Tanzlehrerin aus Costa Rica. „Bei uns lernen die Kinder noch vor dem Sprechen, wie man tanzt“. Natalia lebt seit 2008 in Köln. Damals bekam sie ein Stipendium an der Kölner Sporthochschule. Heute ist die Domstadt ihre zweite Heimat geworden. Im Café Sandspur bringt sie den Kölnern Salsa, Bachata, Merengue oder Zumba bei – und auch die Besucher der Colonia Latina-Tour probieren im Schnelldurchlauf verschiedene Rhythmen und Grundschritte aus. Mit geerdeten Füßen fängt es an, dann beginnen die Hüften zu schwingen und schon bald bewegt sich der ganze Körper zur Latin-Musik, die voller Emotion, Temperament und Leidenschaft steckt. Wer lateinamerikanische Tänze selbst ausprobieren möchte, wird in vielen Kölner Tanzschulen fündig – oder kommt einfach zu Natalia Pacheco nach Lindenthal.
Info: Café Sandspur, Bachemer Straße 27, www.latinsalsa.de
Patchwork-Mode aus Kolumbien
Der nächste Stop ist bei „Bizar“. So nennt Erika Wilches ihren Shop auf der Lindenstraße, indem sie handgefertigte Mode und Accessoires aus ihrem Heimatland Kolumbien anbietet. Viele der Einzelstücke werden aus so genannten Molas bzw. Molakanas hergestellt, bunt gemusterten Textilien aus Reststoffen, die mit Applikationen verziert werden. Es ist das traditionelle Kunsthandwerk der Kuna-Indianer, von denen etwa noch 60.000 in Panama leben, 1.100 in Kolumbien.
„Der Laden ist eine Art, meine Leute in Kolumbien zu unterstützen“, sagt Erika. „Ich kenne fast alle Designer, Künstler und kolumbianische Kleinbetriebe persönlich.“ Ihr Modegeschäft gibt es seit 18 Monaten und kommt bei den Kölnern gut an. Vor allem die farbenfrohen Schuhe und Taschen seien der Renner, erzählt sie. Jedes Stück ist ein Unikat. Ebenso der Naturschmuck sowie die bunten Portmonees und Gürtel: Wer ein ausgefallenes Geschenk sucht, ist hier gut beraten.
Info: Bizar Colombian Style, Lindenstraße 73, www.mybzr.com
Getrocknete Kartoffeln und schwarzer Mais
Weiter geht es zu „Hola Mundo“, einem kleinen Tante Emmaladen in der Nähe des Barbarossaplatzes. Hier bietet Mercedes Adjelleh seit drei Jahren alltägliche Lebensmittel aus Lateinamerika an. Darunter verschiedene Maissorten zum Kochen, Braten und Würzen sowie mexikanische Chilis und Soßen. Zu ihren Stammkunden zählen Restaurantbesitzer, lateinamerikanische Familien oder auch Deutsche. Ihre getrockneten Kartoffeln haben einen ganz eigenen Geschmack, erklärt die Peruanerin. „Das kann man nicht mit den deutschen Kartoffeln vergleichen“. Und auch die schwarzen Maiskolben werfen Fragen der Zubereitung auf: „Wir essen diese Art von Maiskolben nicht“, sagt sie. „Wir nutzen nur das Wasser, indem der Kolben gekocht wird.“
Info: Hola Mundo, Luxemburger Straße 13, www.holamundo.de
In Köln verliebt: Tourleiterin Kim Morales
Kim Morales kommt aus Mexiko City und wohnt seit 16 Jahren in Deutschland, zehn davon in Köln. Die Tourleiterin ist ein wahres Multi-Talent. Sie singt, tanzt und berichtet über Kultur und Leben zwischen Lateinamerika und Köln. Im Interview erklärt sie ihre Liebe zur Domstadt.
Wie gefällt den Latinos das Leben in Köln?
Meine Erfahrung mit der Colonia Latina-Tour ist, dass wir in Köln eine große Kultur der Lateinamerikaner haben. Die Leute haben sich hier eingelebt und fühlen sich wohl, weil Köln so multi-kulturell ist, die Kölner viel lachen und Humor haben. Darum fühlen sie sich inklusive mir hier wie zu Hause.
Und wie kommt die Colonia Latina-Tour bei den Deutschen an?
Die Teilnehmer haben meist einen Bezug zu Lateinamerika, z.B. das sie dort auf einer Reise waren oder ihre Kinder zum Austausch dorthin geschickt haben. Für sie ist es interessant, die lateinamerikanische Kultur wieder aus der Nähe zu erleben.
Was verbindet die Lateinamerikaner mit Deutschland?
Lateinamerikaner sind offen und sehr verbunden mit Tanz und Musik. Das ist das beste Kommunikationsmittel, was nicht nur die Latinos mit den Deutschen verbindet sondern mit der ganzen Welt.
Was hat Dich nach Köln gebracht?
Mit 18 bin ich durch große Städte wie Rom, Paris und Amsterdam gefahren und zufällig in Deutz ausgestiegen. Ich habe den Kölner Dom gesehen, die Brücke und den Rhein und sagte mir: Hier muss ich leben! Köln ist, so glaube ich, Liebe auf den ersten Blick.
Info: www.kim-morales.com
Wer selbst einmal durch das lateinamerikanische Köln wandern will, kann die Kulturklüngel-Tour „Colonia Latina“ unter www.grenzgang.de buchen.