Schokoladentasting Callier Schweiz
Zwischen Käse, Banken und majestätischen Gipfeln wartet die süße Verlockung: Schweizer Schokolade. Zeit, sich die Schokoladenseite des Landes mal genauer anzusehen.

Wer genießt ihn nicht, den Moment, wenn ein Stück feiner Schokolade auf der Zunge zergeht? In der Weihnachtszeit gönnen wir uns diese Freude besonders gern. Auch die Schweizer lieben ihre „Schoggi“. Kein Wunder. Das Land hat eine lange Schokoladentradition – auf deren Spuren man sich heute noch bewegen kann. Ein Besuch von Basel und Luzern.

Die kühle Morgenluft liegt noch über dem Kopfsteinpflaster, als sich eine Gruppe von Schokoladenliebhabern am Münsterplatz versammelt. Die Fassade des Münsters strahlt den Charme vergangener Jahrhunderte aus, während uns Stephy auf die besondere Stadttour einstimmt – mit schokolierten Basler Läckerli. Wir laufen ein kurzes Stück bis zum Rheinufer, wo sie ihren Rucksack auspackt. Infos zu Kakaofrüchten und deren Verarbeitung hat sie dabei, die neueste Erfindung – Kakaofruchtsaft – und natürlich Schokolade. Weiße, hellbraune und dunkelbraune. Glänzend und zart in ihrer Textur. Ein Moment der Erwartung liegt in der Luft, bevor jeder sein erstes Stückchen in den Mund steckt. Es schmilzt sofort. Was bleibt ist das warme Gefühl eines Glücklichmachers. Bestehend aus Kakaomasse, Kakaobutter, Zucker, Milch – und den Aromen, die Schokolade so in sich hat. „Es ist das Bittre, das Saure, das Süße – was man in Schokolade findet“, erklärt sie uns. Darauf wollen wir uns gern einlassen.

Schokotour Basel
Stephy Greiner führt Touristen auf einer Schokotour durch Basel. Foto: Evelyn Steinbach

Wir schlendern weiter durch die Altstadt. Stephy erzählt, dass Kakao hier im 18. Jahrhundert in Apotheken verkauft wurde. „Es war ein sehr bitteres Heilgetränk, dass man allenfalls mit Kräutern mischte.“ Verdünnt wurde die Grundsubstanz mit Wasser. Manchmal sogar mit Wein oder Bier. Das ist heute natürlich anders. Als der Kakao nach Europa kam, hat er sich schnell verändert. Vor allem durch den Zucker. Aber auch durch die Industrialisierung und bekannte Schweizer Tüftler.

Schweizern gelingt mit Milchschokolade der Durchbruch

Doch zunächst von Anfang an. Die erste Schokoladentafel entsteht 1847 in England. Der britische Chocolatier Joseph Fry entwickelte eine Methode, Kakaopulver, Zucker und Kakaobutter für eine formbare Schokolade zu mischen. Dass dies erstmals funktionierte, ist wiederum dem Apotheker Coenraad Johannes van Houten zu verdanken. Der Niederländer erfand eine hydraulische Presse, mit der ein neues, leichter lösliches Kakaopulver hergestellt werden konnte. Die ersten essbaren Schokoladen waren allerdings noch recht bröckelig und schwer zu kauen.

Callier ist die älteste Schokoladenmarke der Schweiz.
Callier ist die älteste Schokoladenmarke der Schweiz. Noch heute werden am Stammsitz in Broc feine Schokoladen hergestellt. Foto: Evelyn Steinbach

Auch die Schweizer entdecken im 19. Jahrhundert die Produktion von Schokolade – und bringen sie zur Perfektion. 1819 eröffnet François-Louis Cailler am Genfersee eine der ersten mechanisierten Schokoladenfabriken. Callier (heute Nestlé) ist die älteste noch existierende Schokoladenmarke der Schweiz. Mehr als 50 Jahre später, 1875, entwickelt Daniel Peter, der Schwiegersohn Caillers, die erste massentaugliche Milchschokolade der Schweiz. Nach anfänglichen Versuchen mit Milchpulver gelang ihm eine Mischung aus Kakaobutter, Kakaomasse, Zucker und kondensierter Kuhmilch. „Er war es auch, der seine Schokolade als erster den Touristen anbot“, erzählt Stephy. Zwar gab es in Dresden schon vorher Milchschokolade. Allerdings aus Eselsmilch und noch recht grobkörnig.

Erfindung von Lindt: Erst das Conchieren macht die Schokolade zart

Auf den Genuss gekommen erfindet der Berner Rudolf (später: Rodolphe) Lindt 1879 das Conchieren. Ein maschinelles Verfahren, bei dem man die Kakaomasse auf bis zu 90 Grad erhitzt und sehr lange rührt, damit die Schokolade glatt und zart wird und sich feinere Aromen bilden.

Mit dem Conchieren gelang den Schweizern der Durchbruch in der Schokoladenproduktion.
Mit dem Conchieren gelang den Schweizern der Durchbruch in der Schokoladenproduktion.
Foto: Max Felchlin AG

Außerdem wird die Feuchtigkeit in der Schokolade reduziert, was ebenfalls dazu beiträgt, dass sie nicht klumpt und besser schmeckt. Der Erfolg von zart schmelzender Schokolade, so wie wir sie kennen, war geschafft. 20 Jahre später verkauft Lindt sein „Geheimnis“ an Sprüngli. David Sprüngli und sein Sohn, ebenfalls Schokoladenpioniere der ersten Stunde, stellten ab 1845 Schokolade in Zürich her.

 

Schokoladentour in Basel: Süße Versuchungen locken überall

Wir gehen ins Xocolatl, einem typischen Schokoladenladen in der Marktgasse. Neben Schokolade aus der Schweiz, gibt es Tafeln aus ganz Europa. Die Schweiz ist bekanntlich nicht das einzige Schokoland. Die Franzosen wissen, wie man feine Schokoladen herstellt, die Belgier mit ihren Pralinen natürlich auch.

Xocolatl GmbH
Das Xocolatl ist ein typischer Schokoladenladen mit Café im Zentrum von Basel. Foto: Xocolatl GmbH
Trinkschokolade
Trinkschokolade im Basler Xocolatl-Café. Foto: Evelyn Steinbach

Die Verlockung ist groß, schnell noch ein paar Geschenke einzukaufen. Doch erstmal soll es im hinteren Café eine Trinkschokolade sein. Einen 66-prozentigem Criollo-Kakao aus Bolivien, dessen Aromen mit Blütenhonig, Aprikose, Jasmin-Tee, Karamell und Mandeln beschrieben werden. Mild, warm und tatsächlich wohltuend im Geschmack.

Stephy zeigt uns auch die vielen Confiserien in Basel, die seit Jahrzehnten ein beliebter Treffpunkt für Einheimische und Touristen sind. Da ist zum einen die Confiserie Schiesser am Marktplatz gegenüber dem roten Rathaus. Seit über 150 Jahren werden im Haus Schokoladen, Torten und Gebäck hergestellt. Oder die Confiserie Brändli in der Gerbergasse, in der wir gehaltvolle Nougatplättli und Truffes, die Schweizer Trüffel-Pralinen, kosten. Auch die Familienbetriebe Beschle und Bachmann produzieren ihre Schokoladen mitten in Basel.

Basler Mission bringt Kakao aus Ghana in die Schweiz

Bohnenlager Kakao
Bohnenlager von Felchlin. Noch immer kommen Kakaobohnen aus Ghana und der Welt per Schiff in Basel an. Foto: Max Felchlin AG

Basel gilt als Tor zum Schokoladenland Schweiz. Von hier startete im 19. Jahrhundert die Basler Mission in die Welt. Besonders bekannt ist ihr Einsatz in Ghana. Die Missionare widmeten sich hier nicht nur der Verbreitung ihres Glaubens, sondern auch der wirtschaftlichen Entwicklung.

So hatten Basler Missionare die Idee, die aus Südamerika stammende Kakaopflanze in Ghana zu züchten. Die Ghanaer halfen dabei, dass Kakao in ihrem Land heimisch wurde. Aus der Mission entwickelte sich später die Basler Handelsgesellschaft und mit ihr der große Import von westafrikanischem Kakao in die Schweiz. Noch immer kommen in Basel die Kakaobohnensäcke per Schiff an. Zum Beispiel die von Felchlin, einem Spezialisten für Edelkuvertüren.

 

Edelschokolade: Alles für den Geschmack

Viele Confiserien arbeiten mit der Rohmasse der Max Felchlin AG. Die Schokofabrik liegt in der Gemeinde Schwyz, rund 35 Kilometer von Luzern entfernt. Im Aromalabor werden die Bohnen aus Südamerika, Ghana und Madagaskar regelmäßig geprüft. „Mit den Bohnen, von denen wir uns eine hohe Qualität versprechen, probieren wir eine Schokolade aus“, erzählt uns Marcel Schwerzenbach. Der Mitarbeiter zeigt sich experimentierfreudig. Wobei die Abläufe für jede Produktion klar geregelt sind. „Zuerst werden die Bohnen gereinigt, dann je nach Sorte und gewünschtem Geschmack, geröstet“, erzählt er. Anschließend aus der Schale gebrochen, sortiert, gemahlen und je nach Rezept mit weiteren Komponenten vermischt. Ein ziemlich geschlossener Vorgang in großen Kesseln. Vor der geöffneten alten Conche, dem Rührwerk zum Veredeln der Schokolade, wird es plötzlich heiß. „Die Hitze entsteht nur durch die Reibung“, erklärt er stolz. bis zu 72 Stunden verweilt die mattglänzende, zähflüssige Masse hier. Damit sich viele angenehme Aromen bilden – allerlei Fruchtnoten oder dezente Erinnerungen an Kaffee und Lakritz.

Luzern: Schoko-Tasting mit Jazz-Musik

Schokoladentasting
Schokoladentasting bei Max Chocolatier in Luzern. Beide Fotos: Evelyn Steinbach

Schokoladentasting Wir wollen probieren, was aus der Kuvertüre entsteht, und fahren zu Max Chocolatier in Luzern. Im Hintergrund chillige Jazzmusik, vor uns der gedeckte Tisch mit Blümchenporzellan, Kerzen. Wie so häufig beginnt die Verkostung mit einem Stück Schokolade mit niedrigem Kakaoanteil. Weiße Schokolade mit Pfeffer. Sehr süß auf der Zunge, leicht scharf im Abgang. Es folgen ein Stück Milchschokolade mit Balsamico, die an Lebkuchen und Spekulatius erinnert. Eine fruchtige Truffe mit Sanddorn und zum Neutralisieren ein dunkles Schokoladenstück ohne Zucker. Ein recht kurzweiliges Erlebnis, das den Gaumen in Stimmung bringt und noch einmal deutlich macht, was mit Schokolade möglich ist. Aber auch, wer welchen Kakaogehalt und welche Aromen am liebsten mag. Schokolade ist eben doch Geschmackssache.

Schokolade Weihnachten
In der kleinen Manufaktur von Max Chocolatier werden zurzeit Weihnachtsschokoladen hergestellt. Foto: Evelyn Steinbach

 

Anreisen: Mit dem ICE von verschiedenen deutschen Städten nach Basel. In der Schweiz können Touristen mit dem Swiss Travel Pass unbegrenzt per Bahn, Bus und Schiff fahren (swisstravelpass.com).

Erleben: In Basel: Ca. dreistündige Schokotour durch die Altstadt (www.xocotour.ch). Einige Confiserien bieten Schokoladenworkshops an. In Luzern: Schokoladen-Tasting bei Max Chocolatier (www.maxchocolatier.com) und Erlebniswelt „Chocolate Adventure“ im Verkehrshaus. Wer etwas mehr Zeit mitbringt, kann die Museen und Werksläden der großen Schokoladenhersteller besuchen, z. B. Lindt – Home of Chocolate mit großem Schokoladenbrunnen in Zürich, Callier in Broc (Kanton Freiburg) oder Emille Bloch, bekannt für den ersten Schweizer Schokoriegel „Ragusa“ in Courtelary (Kanton Bern).