Keine andere Erfindung hat das Leben der Menschen so verändert, wie das Automobil. Ob Daimler, Benz, Ford oder Porsche: Jeder der Erfinder tüftelt um die Jahrhundertwende am ersten motorisierten Personenwagen seiner Klasse. Nur Carl Benz war der erste, der seinen Motorwagen vor 125 Jahren patentieren ließ.

Jahrhundertwende: Pionierzeit des modernen Antriebs

Benz und Daimler waren nicht die ersten, die an einem motorbetriebenen PKW arbeiteten. Bereits im 18. Jahrhundert gab es insbesondere in England und Frankreich erste Versuche, Fahrzeuge durch Dampfmaschinen anzutreiben. Im Laufe des 19. Jahrhunderts experimentieren zahlreiche Ingenieure und Erfinder in ganz Europa an der Weiterentwicklung der Dampfmaschinen. Der Belgier Jean Joseph Etienne Lenoir war der erste, der ein Gasmotorpatent anmeldete und überdies die Zündkerze erfand. Er forscht bereits 1863 an einem Motor betriebenen Gefährt – allerdings ohne großen Erfolg. Bis er einen Handelsreisenden namens Nikolaus August Otto trifft und ihn für seine Technik begeistert. Mit diesen Erkenntnissen und zusammen mit Ottos Freund Eugen Langen basteln sie an einem neuartigen Motor, den bekannten Otto-Benzinmotor. 1864 gründen Otto und Langen die erste Gasmotorenfabrik der Welt in der Kölner Altstadt. Ihre technischen Direktoren werden 1872 ein gewisser Gottlieb Daimler sowie Wilhelm Maybach. Seit 1869 sitzt die Firma in Deutz, nach deren Stadtteil sie bis heute benannt ist.

Als Daimler 1900 stirbt, konstruiert Maybach weiter. Sowohl Daimler als auch Maybach und Benz war bewusst, dass sie die Größe und das Gewicht der Motoren reduzieren und gleichzeitig die Leistung steigern müssen, um in Zukunft erfolgreich zu sein. Daimler und Benz sind sich in ihrem Leben nie begegnet. Beide stehen aber mit der Daimler-Motoren-Gesellschaft (DMG) und der Benz & Co. Rheinische Gasmotoren-Fabrik für die Vorläuferunternehmen der 1926 gegründeten Daimler-Benz AG. Die Fusion war die Reaktion auf den verlorenen Weltkrieg und die Wirtschaftskrise der deutschen Automobilindustrie. Angeregt wurde sie übrigens von der Deutschen Bank.

 

Erster Mercedes entstand durch Kundenauftrag

Die DMG konzentriert sich schon früh auf die Konstruktion eines Rennwagens, der von einem Kunden namens Emil Jellinek beauftragt und nach seiner Tochter Mercedes benannt wurde. Ende März 1901 besteht das neue Modell, der Mercedes 35 PS, seinen Fahrtest bravourös bei der „Rennwoche von Nizza“. Der sportliche Erfolg zahlt sich auch wirtschaftlich aus. Das Basisgeschäft bilden hinterher verschiedene alltagstaugliche Renn- und Hochleistungswagen. Benz entwickelt ebenso weiter und führt den Boxermotor sowie die Gangschaltung ein. Der erste Verkaufsschlager wird sein „Velo“ im Jahr 1894. Mit 1,5 PS und einer Höchstgeschwindigkeit von 21 km/h wird das erste Serienmobil der Welt 1200 mal verkauft. Ende des 19. Jahrhunderts ist Benz & Co. mit 500 Angestellten der größte Automobilhersteller der Welt.

 

Weltweite Welle der Motorisierung: Ford produziert seit 80 Jahren in Köln

Auch die Geschichte anderer bekannter Ingenieure beginnt früh: 1892 patentiert Rudolf Diesel den ersten Diesel-Motor. Ferdinand Porsche baut um 1900 das erste Elektroauto mit Allradantrieb und Henry Ford führt 1913 in den USA die Fließbandproduktion ein und erreicht damit eine enorme Kostensenkung in der Automobilherstellung. Der PKW wird erstmals für viele erschwinglich. Als erster deutscher Hersteller setzt Adam Opel 1924 auf die Fließbandproduktion.

Das erste Fordwerk kommt 1925 nach Deutschland, zunächst in den Berliner Westhafen. Seit 1930 produziert Ford in Köln – in diesem Jahr seit genau 80 Jahren. Fords ersten Motorwagen „Quadricycle“ präsentiert er 1896, sein legendäres Modell „T“ führt er ab 1908 ein – „Tin Lizzie“ (Blechliesel), wie es im Volksmund genannt wurde. Als Nachfolger kommen die Modelle „A“ (1931) und „Eifel“ (1935) auf den Markt, zwei weitere beliebte Klassiker.

Ferdinand Porsche, der ehemalige Konstrukteur von Daimler, widmet sich ab 1931 dem Bau von Sportwagen und Benzinmotoren. Deutschlands Volksauto, der VW-Käfer, sowie die sportlicheren Modelle Porsche 356, 911 und 959 gehen auf ihn zurück.

 

Bertha Benz unternimmt die erste Fernfahrt

Zurück zum Ur-Benz. Wie fuhr das erste Auto der Welt? Die Jungfernfahrt begeht Benz Frau Bertha 1888 ohne Wissen ihres Mannes. Mit Hilfe ihrer beiden Söhne unternimmt sie eine Reise von Mannheim nach Pforzheim und zurück. 180 Kilometer – für die damalige Zeit eine lange Strecke. Die Startprozedur auf dem 265 Kilogramm schweren Gefährt ist kompliziert. Vorne die Zündung scharf schalten, Luftzufuhr am Vergaser aufdrehen, dann den Motor starten: links am Hinterrad festhalten und mit rechts am Schwungrad reißen. Das wackelige Gefährt beginnt zu laufen. Obwohl der Einzylinder nicht einmal ein ganzes PS leistet, bewegt sich der Wagen nach damaligen Maßstäben ziemlich flott. Bis zu 16 km/h Höchstgeschwindigkeit erreicht er. Sparsam war das dreirädrige Auto aber nicht. Etwa 20 Liter Kühlwasser verbraucht der Wagen und zehn Liter Benzin. Den Sprit gab es damals in der Apotheke. Das Leichtbenzin Ligroin wurde normalerweise als Fleckenentferner genutzt.

Benz’ Erfindung verbreitet anfangs Skepsis. Er schreibt in seinen Memoiren: „Die Menschen sammeln sich an, lächeln und lachen. Das Staunen und Bewundern schlägt um in Mitleid, Spott und Hohn. Wie kann man sich in einen unzuverlässigen, armseligen, laut lärmenden Maschinenkasten setzen, wo es doch genug Pferde gibt auf der Welt“. So war der Verkauf schwierig: „Überall in Stadt und Land wird der Kraftwagen zum sensationellen Ereignis. Aber ein Käufer findet sich nirgends im deutschen Vaterlande.“ Das hat sich mittlerweile geändert: Derzeit gibt es rund eine Milliarde Kraftfahrzeuge auf der Welt – und in jedem steckt ein Teil des „Benz Patent-Motorwagen Nummer 1“.