Grauer Schotter scheint auf den ersten Blick praktisch, wenn man keine Zeit hat, sich um die Pflanzen zu kümmern. Doch mit dieser Entscheidung nimmt man dem Vorgarten nicht nur seine potentielle Aufmerksamkeit, man verhindert auch, einen „grünen“ Beitrag für das Klima im Wohnort zu leisten.
Laub – nicht störend, sondern nützlich
„Der Hauptgrund, warum sich Vorgartenbesitzer für Schotter entscheiden und das, obwohl sie Pflanzen eigentlich schön finden, ist die vermeintliche Pflegeleichtigkeit“, weiß Achim Kluge, Vizepräsident des Bundesverbands Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau (BGL). Das geht aus einer repräsentativen GfK-Marktforschung hervor. „Während der ersten Monate nach Anlage der Kiesflächen mag dieses Argument auch stimmen. Doch spätestens im Herbst zeigt sich, dass abwechslungsreich bepflanzte Vorgärten erheblich weniger Aufmerksamkeit fordern als die graue Variante. Nämlich dann, wenn die Blätter der Bäume, Sträucher und Stauden vom Herbstwind meterweit getragen werden und zusammen mit Samen, Staub und Unrat in den Vorgärten landen.“
Es wird oft gesagt, Schotterflächen sähe man die Jahreszeiten nicht an – das stimmt nicht ganz. Denn besonders zwischen Split und Schotter bleibt das trockene, braune Laub liegen und bieten einen herbstlichen, wenn auch eher trostlosen Anblick. Doch nicht nur das: Die Blätter verlangen auch, dass man sie in mühsamer Handarbeit absammelt. Geschieht das nicht, verrotten sie mit der Zeit und werden von Mikroorganismen zu Humus verarbeitet. Darauf siedeln sich schließlich unerwünschte Unkräuter, Flechten und Moose an, die zwischen den Steinen nur schwer zu entfernen sind. „Landet das Laub dagegen unter Gehölzen, zwischen Stauden oder Bodendeckern, kann man es einfach liegen lassen. Einerseits fällt es in der natürlichen, grünen Umgebung nicht so auf, andererseits ist es ein guter Winterschutz und hält die Feuchtigkeit länger im Boden“, sagt Kluge. „Zudem ist verrottendes Laub für die Pflanzen ein natürlicher Dünger, der den Boden mit Nährstoffen anreichert.“
Kommunen gegen Kies im Vorgarten
Wie wichtig grüne Vorgärten für Mensch und Tier sind und wie wenig das Schlagwort „Pflegeleichtigkeit“ greift, thematisieren auch immer mehr deutsche Kommunen. Daneben ist es vor allem ihre Rolle als Versickerungsfläche, die die Flächen vor dem Haus mehr und mehr in den Fokus der Gemeinden rückt. Denn sind sie versiegelt, kann das Wasser nicht ins Grundwasser gelangen, sondern fließt in die Kanalisation. Diese ist bei Starkregenfällen im Herbst und Winter jedoch schnell überlastet. Als Folge kommt es zu Überschwemmungen. „Die verschiedenen negativen Auswirkungen der versiegelten Vorgärten sind vielen Hausbesitzern gar nicht bewusst“, erklärt er. „Daher ist es wichtig, sie für das Thema zu sensibilisieren, damit sich in Zukunft mehr Menschen für Pflanzen, anstatt für Schotter und Kies entscheiden.“
Viele Kommunen setzen auf Beratung. So überlegt man beispielsweise in Versmold, die Bauherren stärker zu informieren und mit speziellen Bonussystemen dazu zu bringen, die Vorgärten möglichst ökologisch wertvoll zu gestalten. In Bielefeld ist dagegen im Gespräch, sich an die Besitzer bereits bestehender grauer Vorgärten zu wenden. Diese möchte man mit einer besonderen Aktion zur Umgestaltung ihrer Fläche motivieren: Die ersten 50 Haushalte, die sich von ihrem Schotter trennen und stattdessen auf Pflanzen setzen, können ihre Steine kostenlos abfahren und entsorgen lassen. Andere Gemeinden gehen den Weg über die Bebauungspläne, wie zum Beispiel Löningen: Dort legte der Rat kürzlich fest, dass in Zukunft nur noch Wege, Stell- und Parkplätze versiegelt werden dürfen. Die restliche Fläche ist lebendig zu gestalten.
„Da Vorgärten auch eine städtebauliche Funktion haben, können Kommunen über ihre Satzungen regeln, wie diese zu gestalten sind“, erklärt er. „Generell sind wir der Meinung, dass Angebot vor Verbot gelten sollte. Daher setzen wir vom Verband auf gute Gestaltungsideen und möchten mit den positiven Eigenschaften von Pflanzen überzeugen.“
Mehr Informationen auf www.rettet-den-vorgarten.de.